Betrugsskandal – die Akte Wirecard AG
Der Betrugsskandal beim Dax-Konzern Wirecard beschäftigt längst die Staatsanwaltschaft München. Haftbefehle gegen die früheren Führungskräfte von Wirecard sind gestellt. Stellt sich die Frage, was die betrogenen Anleger nun rechtlich und juristisch effektiv unternehmen können.
Was passierte?
Bereits seit Jahren ist die Wirecard AG (Wirecard) Vorwürfen ausgesetzt, ihre Bilanzen nicht ordnungsgemäß auszuweisen bzw. diese zu fälschen. Neuere massive Vorwürfe wurden dann ab Anfang 2019 erhoben. Fingierte Umsätze (Third Party Acquiring), überhöhte Kaufpreise von Gesellschaften zur Bereicherung von Managern, falsch ausgewiesene Kredite (MCA-Geschäft) und Kreislaufbuchungen (Round-Tripping) über Gesellschaften in den Vereinigten Arabischen Emiraten, den Philippinen und Singapur sind nur Teilbereiche der gegen Wirecard erhobenen Vorwürfe.
Das Ergebnis dieser Vorwürfe waren wiederholt erhebliche Kursverluste der Wirecard-Aktie, wobei Wirecard die Vorwürfe in der Öffentlichkeit weiterhin abstritt. Auch ein von Wirecard selbst beauftragtes Sondergutachten konnte nicht umfassend und unabhängig aufklären. Eine Veröffentlichung des Gutachtens dieser Sonderprüfung wurde mehrfach verschoben.
Ende April 2020 wurde das Gutachten schließlich veröffentlicht, und in folgedessen brach der Kurs der Wirecard-Aktie um ca. 40% ein. Aus dem Gutachten der unabhängigen Prüfer ergab sich, dass sie nicht alle Unterlagen einsehen konnten, sie sprechen von einem „Untersuchungshemmnis“. Zahlreiche Fragen blieben offen.
KPMG konnte z.B. keine fundierten Aussagen zu der Höhe und der Existenz von Umsatzerlösen aus sogenannten TPA-Geschäftsbeziehungen treffen. Begründet wurde dies mit Mängeln in der internen Organisation bei Wirecard sowie der fehlenden Bereitschaft von Partnerfirmen, umfassend und transparent mitzuwirken. Auch Zahlungen in Höhe von einer Milliarde Euro auf Treuhandkonten konnten nicht nachvollzogen werden.
Als am 18. Juni 2020 der Veröffentlichungstermin für den Jahres- und Konzernabschluss 2019 schließlich abermals verschoben wurde, brach der Aktienkurs der Wirecard-Aktie endgültig ein. Ausgnagspunkt war, dass der Abschlussprüfer Wirecard darüber informiert habe, dass über die Existenz von im Konzernabschluss zu konsolidierenden Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von insgesamt 1,9 Milliarden Euro (dies entspricht in etwa einem Viertel der Konzernbilanzsumme) noch keine ausreichenden Prüfungsnachweise zu erlangen sind. Außerdem bestünden des Weiteren Hinweise darauf, dass unrichtige Saldenbestätigungen zu Täuschungszwecken vorgelegt wurden.
Was bedeutet das für Anleger und Investoren?
Mit der Veröffentlichung des KPMG-Sondergutachtens sowie der Ad-hoc-Mitteilung vom 18. Juni 2020 steht wohl fest, dass die Unternehmensführung bei Wirecard in erheblichem Maße mangelhaft ausgestaltet und das Compliance-System in unternehmenskritischen Bereichen eklatant unzureichend ist sowie der Verdacht einer schwerwiegenden Bilanzmanipulation besteht.
Im Fall der Compliance-Mängeln bei Wirecard sowie dem Verdacht der Bilanzmanipulation handelt es sich nach juristischen Einschätzungen wohl um Insiderinformationen. Wirecard hätte also den Kapitalmarkt unverzüglich und vollständig darüber informieren müssen, dass wesentliche Geschäftsvorgänge bereits konzernintern nicht ordnungsgemäß nachvollzogen werden können, mithin der Verdacht der Bilanzmanipulation besteht, und zwar dies insbesondere mit Blick auf Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von insgesamt 1,9 Milliarden Euro. Nach erster rechtlicher Auffassung dürfte die Kapitalmarktkommunikation von Wirecard daher mit Blick auf die einschlägigen Vorschriften zur Kapitalmarktpublizität unvollständig bzw. in weiten Teilen unwahr sein.
Ergebnis: Folglich stehen Anlegern und Investoren Ansprüche auf Schadensersatz gegenüber Wirecard zu, da Wirecard den Kapitalmarkt nicht ordnungsgemäß über Insiderinformationen in Kenntnis gesetzt hat.
Was können Sie als Anleger unternehmen?
Sie können von uns im Rahmen einer kostenlosen Ersteinschätzung erfahren, ob Ihnen juristisch grundsätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz zu steht.
Hierzu benötigen wir lediglich die Wertpapierabrechnungen zu Ihren Transaktionen in Wirecard-Aktien (WKN: 747206 / ISIN: DE0007472060) oder Derivaten übermitteln, und zwar für Transaktionen ab dem 10. Juli 2012 bis einschließlich 25. Juni 2020.
Hinweis: Sie verlieren keine Ansprüche auf Ersatz des Kursdifferenzschadens, wenn Sie Aktien von Wirecard verkaufen. Ein Anspruch auf Ersatz des Kursdifferenzschadens besteht unabhängig fort, ob man die Aktien weiterhin hält oder verkauft.
Nach Sichtung Ihrer Unterlagen werden wir auf Grundlage der uns zur Verfügung gestellten Daten eine Handlungsempfehlung für Sie im Rahmen einer Ersteinschätzung übersenden.
Nutzen Sie hierzu einfach unser Kontaktformular. Sollten Sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, bieten wir Ihnen gerne an, diese um Deckungszusage zu ersuchen. Bitte teilen Sie dies im Rhamen Ihrer Anfrage mit.
Unser Service der Ersteinschätzung ist für Sie kostenfrei!
Welche Anleger sind schadenersatzberechtigt?
Nach erster Prüfung dürften Anleger und Investoren hinsichtlich Wertpapierkäufe (Aktien und Anleihen der Wirecard AG sowie Derivate auf Wirecard-Aktien) schadensersatzberechtigt sein, welche im Zeitraum vom 24.02.2016 bis 18.06.2020 (jeweils einschließlich) Käufe getätigt haben. Dies gilt nicht nur für Aktien, sondern auch für alle anderen vorgenannten Finanzinstrumente.
Worauf beruhen die Ansprüche und in welcher Höhe belaufen sie sich?
Die Wirecard AG dürfte gegen ihre kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten verstoßen haben und ist demnach gegenüber Investoren schadensersatzpflichtig. Dabei hätte Wirecard den Kapitalmarkt früher und vollständig über die unzureichende Corporate Governance und die Mängel in ihrem Compliance-System sowie über den Verdacht der Bilanzmanipulation in Kenntnis setzen müssen. Denn dabei handelt es sich rechtlich wohl um sog. Insiderinformationen von erheblicher Kursrelevanz. Gemäß Art. 17 der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) sind Emittenten dazu verpflichtet, Insiderinformationen unverzüglich bekannt zu geben. Folglich würde auch eine falsche Finanzberichterstattung vorliegen. Auf welche Höhe beläuft sich der Schadensersatz? Hier muss man zwischen dem sog. Kursdifferenzschaden (KDS) auf Basis des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und dem sog. Transaktionsschaden unterscheiden. Der KDS ist rechtlich besonders einfach geltend zu machen, da hiernach die Beweislast für das Verschulden nicht den Anleger, sondern die Emittentin trifft. Eine konkrete Schadensberechnung für Ihren Fall erhalten Sie im Rahmen einer weiteren Beauftragung. Der berechnete KDS für eine innerhalb der Desinformationsphase „zu teuer“ erworbene Aktie dürfte sich je nach Transaktion zwischen 13% bis maximal 85% von dem jeweiligen Einstandspreis bewegen, was davon abhängt, in welcher der mehreren „Schadensperioden“ gekauft wurde. Daneben kann als Alternative auch der der sogenannte „Transaktionsschaden“ gefordert werden. Dies bedeutet, man erhält die Differenz aus dem Kauf- und Verkaufspreis der Wirecard-Aktie erstattet. Die Voraussetzung hierfür ist, dass auch ein tatsächlicher (Buch-)Verlust eingetreten ist. Für diesen Schaden ist es unerheblich, ob und wann die Wertpapiere verkauft wurden Entscheidend ist allein, dass diese in dem Zeitraum vom 24.02.2016 bis 18.06.2020 gekauft wurden.
Übernimmt meine Rechtsschutzversicherung Kosten?
Generell besteht hierzu die Möglichkeit. Allerdings bedarf aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung der Rechtsschutzbedingungen dies einer genauen Überprüfung im Einzelfall. Gerne übernehmen wir für Sie jedoch kostenfrei die Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung.
Ab wann entstehen für mich Kosten – ist der Service kostenfrei?
Im Rahmen unserer kostenlosen Ersteinschätzung entstehen Ihnen keine Kosten. Kosten entstehen Ihnen immer erst, wenn Sie unsere Kanzlei schriftlich mit der weiteren Geltendmachung beauftragt haben, Ihre Rechte gegen Wirecard AG für Sie wahrzunehmen. Sie erhalten von uns vorab eine Kosteneinschätzung zur finalen Entscheidung der Beauftragung. Die Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung übernehmen wir für Sie kostenfrei. Alternativ können wir auch eine Anfrage bei einem Prozessfinanzierer stellen.
UPDATED – WIRECARD – INSOLVENZ
Wirecard AG hat am 25.06.2020 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Überschuldung und drohender Zahlungsunfähigkeit beim Amtsgericht München eingereicht. Mit Beschluss vom 25. August 2020 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Wirecard AG sowie sechs weiterer deutscher Wirecard-Gesellschaften eröffnet. Bei den sechs Gesellschaften handelt es sich um: Wirecard Technologies GmbH, Wirecard Service Technologies GmbH Wirecard Sales International Holding GmbH Wirecard Issuing Technologies GmbH Wirecard Global Sales GmbH Wirecard Acceptance Technologies GmbH Michael Jaffé von der Kanzlei JAFFÉ Rechtsanwälte Insolvenzverwalter wurde in allen Fällen jeweils zum Insolvenzverwalter bestellt. Eine erste Gläubigerversammlung soll am 18.10.2020 in München stattfinden. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde auch bekannt, dass für Vorstände und rund 730 von 1300 Mitarbeitern in Deutschland wohl Kündigungen ausgesprochen werden. Der Insolvenzverwalter sprach von hohen Verlusten und einem erheblichen Missverhältnis zwischen den vorhandenen und tatsächlich benötigten Ressourcen im Konzern. Für das Kerngeschäft der Wirecard AG und die unabhängigen internationalen Tochtergesellschaften sollen Verkaufs- und Verwertungsprozesse durchgeführt werden.
UPDATED – Paukenschlag im DAX
Wirecard AG fliegt aus dem Dax Der insolvente Zahlungsabwickler musste nun die erste deutsche Börsenliga frühzeitig im August 2020 verlassen. Darüber hinaus hat die Deutsche Börse aufgrund der Insolvenz des Dax-Mitglieds Wirecard AG ihr Regelwerk geändert. Insolvente Unternehmen werden nun zukünftig mit einer Frist von zwei Handelstagen aus den Dax-Auswahlindizes herausgenommen. Die Änderungen traten bereits am 19. August 2020 in Kraft.
Tobias Gussmann
Geschäftsführer – Rechtsanwalt – Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht – Fachanwalt für Steuerrecht
Telefon: +49 911 893 103 – 440
E-Mail: dialog@gbk-rae.de
Zahlreiche juristische Auseinandersetzungen am Bank- und Kapitalmarktrecht zeigen die Notwendigkeit der qualifizierten Rechtsberatung in diesem Bereich.
Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung beispielhaft im Kreditvertrags- und Kreditsicherungsrecht, sowie bei Durchsetzung Ihrer Rechte und Ansprüche im Falle fehlerhafter Anlageberatung stehen Ihnen unsere Anwälte und Berater zur Verfügung.
GBK LEGAL unterstützt Sie dabei, Ihre Rechte als Betroffener wahrzunehmen. Dazu gehört auch die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen die Geschäftsführung oder Dritte, sowie die Abwehr von Forderungen des Insolvenzverwalters.
Wir können dabei auf einen Erfahrungsschatz von zahlreichen Klageverfahren im Bereich der fehlerhaften Anlageberatung, des Bankrechts (Widerrufsfälle) oder Schadenersatz im Bereich des Dieselskandals zurückgreifen.