Steuerstrafverfahren: Warum anwaltliche Vertretung sinnvoll ist
Ein Steuerstrafverfahren ist für Betroffene oft mit erheblichen Sorgen und Unsicherheiten verbunden. Nicht selten beginnt alles mit einem Brief vom Finanzamt, einer Prüfungsanordnung oder gar einer Hausdurchsuchung. Oftmals denkt man bei diesen Briefen zuerst an Hollywood-Filme, bei denen die Polizisten mitten in der Nacht durch Fenster und Türen brechen und alles im Haus durchsuchen und mitnehmen.
Die Unsicherheit ist groß: Was droht mir? Was darf ich sagen? Wer darf mich verteidigen? In diesem Artikel erfahren Sie, wie ein Steuerstrafverfahren abläuft, welche Rechte und Pflichten Sie haben – und warum es in vielen Fällen sinnvoll ist, sich frühzeitig an einen Fachanwalt für Steuerrecht zu wenden.
Was ist ein Steuerstrafverfahren?
Ein Steuerstrafverfahren wird eingeleitet, wenn der Verdacht besteht, dass gegen steuerrechtliche Pflichten verstoßen wurde. Der häufigste Vorwurf: Steuerhinterziehung nach § 370 AO (Abgabenordnung). Daneben können auch Tatbestände wie leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) oder Steuergefährdung (§ 379 AO) relevant sein.
Sie denken sich vielleicht, dass Sie vor einer solchen Problematik geschützt sind, wenn SIe einen Steuerberater an der Seite haben. Beachten Sie allerdings immer, dass Menschen zum einen Fehler machen und zum anderen meistens nur mit den Unterlagen gearbeitet wird, die vorliegen. Dem FInanzamt könnten allerdings auch ganz andere Unterlagen vorliegen. In der heutigen digitalen Zeit hat das Finanzamt deutlich mehr und bessere Möglichkeiten, an notwendige Informationen zu kommen.
Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Je nach Schwere des Falls drohen Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen. Bereits bei einer verkürzten Steuerlast von über 50.000 Euro kann laut Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 02.12.2008 – 1 StR 416/08) eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung in Betracht kommen.
Ablauf eines Steuerstrafverfahrens
Ein Steuerstrafverfahren beginnt meist unerwartet:
- durch eine Steuerfahndung (z. B. Hausdurchsuchung),
- im Rahmen einer Betriebsprüfung, oder
- nach einer Selbstanzeige, die nicht wirksam ist.
Es folgt die förmliche Einleitung des Strafverfahrens (§ 397 AO), über die der Betroffene meist schriftlich informiert wird. Nun gilt es, strategisch und rechtlich überlegt zu handeln. Fehler in dieser Phase – wie etwa unüberlegte Aussagen – können schwerwiegende Folgen haben.
Meist ist es sinnvoll, von Anfang an rechtliche Hilfe zu suchen. Zwar kann Ihr Steuerberater Sie ebenfalls sicherlich unterstützen, doch möglicherweise hat dieser nicht die Erfahrungen, die bei diesem Verfahren notwendig sind. Zudem müssen Sie beachten, dass Ihr Steuerberater bereits mit Ihren Unterlagen vertraut ist, sodass dieser eventuell wichtige Punkte übersehen könnte. In der Regel hilft es, wenn ein unabhängiger Dritter bei diesem Verfahren unterstützt.
Als Fachanwaltskanzlei spezialisiert auf Steuerrecht haben wir sowohl die Erfahrungen als auch das nötige Know-How, um Sie bei diesem Verfahren von Beginn an zu vertreten.
Nach Abschluss der Ermittlungen entscheidet die zuständige Staatsanwaltschaft oder Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra), ob das Verfahren eingestellt (§§ 153 ff. StPO, § 398 AO) oder Anklage erhoben wird. Kommt es zu einer Hauptverhandlung, entscheidet das Finanzgericht oder das Strafgericht über Schuld und Strafe.
Steuerberater oder Fachanwalt – wer darf was?
Grundsätzlich dürfen Steuerberater vor dem Finanzgericht auftreten (§ 3 Nr. 1 StBerG). Sie sind versiert im Steuerrecht und in der Lage, die steuerlichen Aspekte des Falls fundiert zu analysieren und aufzubereiten. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn es darum geht, ob ein bestimmtes Verhalten tatsächlich steuerlich relevant war oder nicht.
Allerdings stößt die Beratung durch den Steuerberater in Strafverfahren häufig an ihre Grenzen:
- Strafrechtliche Kenntnisse sind kein Bestandteil der Ausbildung.
- Es geht nicht mehr nur um Zahlen, sondern um Fragen wie Vorsatz, Schuldfähigkeit, Beweisführung und Strafzumessung.
- Im Falle einer Hauptverhandlung ist ein Steuerberater nicht vertretungsberechtigt vor dem Strafgericht (§ 138 Abs. 1 StPO).
Hier kommt der Fachanwalt für Steuerrecht ins Spiel, idealerweise mit steuerrechtlichen sowie steuerstrafrechtlichen Erfahrung. Er vereint steuerrechtliches Fachwissen mit strafprozessualer Kompetenz – ein entscheidender Vorteil im Verfahren.
Rechtsprechung: Fachanwaltliche Vertretung als Vorteil
Immer wieder wird in der Rechtsprechung deutlich, dass die Verteidigung in Steuerstrafsachen hohe Anforderungen stellt. Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen betont, wie komplex gerade größere Verfahren sind (z. B. BGH, Urteil vom 15.12.2011 – 1 StR 579/11). Dabei geht es um Aspekte wie:
- Zulässigkeit von Beweismitteln (insbesondere bei Durchsuchungen),
- Abgrenzung von Steuerverkürzung und strafbarer Handlung,
- Verwertbarkeit von Selbstanzeigen (nur bei vollständiger und rechtzeitiger Offenlegung, § 371 AO).
Ein Fachanwalt kann hier nicht nur die steuerrechtlichen Details bewerten, sondern auch strafrechtlich einschätzen, wie sich eine Aussage, ein Dokument oder eine Verfahrenshandlung auswirkt. Auch das Thema Verjährung (§§ 78 ff. StGB, § 169 AO) ist regelmäßig entscheidend – und wird in der Praxis häufig unterschätzt.
Der richtige Umgang mit der Selbstanzeige
Ein zentrales Thema im Steuerstrafrecht ist die Selbstanzeige (§ 371 AO). Sie kann zur Straffreiheit führen – allerdings nur, wenn sie rechtzeitig, vollständig und korrekt erfolgt. Eine fehlerhafte Selbstanzeige wirkt nicht strafbefreiend und kann sogar als Schuldeingeständnis gewertet werden.
Hier zeigt sich erneut, wie wichtig die fachkundige rechtliche Begleitung ist. Denn bereits kleine Ungenauigkeiten in der Anzeige oder der zugehörigen Nachzahlung können dazu führen, dass die Straffreiheit nicht eintritt. Die Rechtsprechung ist hier streng (z. B. BGH, Urteil vom 20.05.2015 – 1 StR 383/13).
Fazit
Ein Steuerstrafverfahren ist kein Standardfall – weder für Betroffene noch für ihre Berater. Es verlangt eine individuelle Strategie, die steuerrechtliche, strafrechtliche und oft auch verfahrensrechtliche Aspekte berücksichtigt. Auch angrenzende Rechtsgebiete wie das Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht oder internationales Steuerrecht können eine Rolle spielen.
Zwar sind Steuerberater wertvolle Ansprechpartner für die steuerliche Aufarbeitung – doch im gerichtlichen Verfahren und insbesondere bei drohender Anklage ist ein erfahrener Fachanwalt für Steuerrecht oft die bessere Wahl. Nicht zuletzt, weil er in der Lage ist, auch vor dem Strafgericht umfassend zu verteidigen und die Interessen des Mandanten auf allen Ebenen zu vertreten.
Wenn Sie sich mit einem Steuerstrafverfahren konfrontiert sehen, zögern Sie nicht, frühzeitig fachlichen Rat einzuholen. Eine kluge Verteidigung beginnt vor dem ersten Gespräch mit den Behörden.
Gerne unterstützen wir Sie mit unserem Know.How und vertreten Sie gerne bei einem Steuerstrafverfahren von Anfang an.
Sie brauchen rechtliche Unterstützung? Wir von GBK Legal sind für Sie da.