Adler Group: Ein zweiter Fall Wirecard?
Am Freitagabend kam die erschütternde Nachricht für viele Anleger: KPMG hat einen großen deutschen Immobilienkonzern, der Adler Group, das Testat verweigert. Der Wirtschaftsprüfer stellte bei einer Sonderprüfung Mängel fest und konnte kein Prüfungsurteil zur Bilanz abgeben, weshalb dem Konzern 2021 ein Versagungsvermerk erteilt wurde.
Was ist die Adler Group?
Die Adler Group ist ein an der deutschen Börse in Frankfurt notierter Immobilienkonzern. Die Adler Group hat ihren Firmensitz in Luxemburg, die operative Zentrale des Unternehmens ist allerdings in Berlin.
Das Unternehmen spezialisiert sich auf Wohnungen in folgenden deutschen Städten: München, Berlin, Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg, Köln und Stuttgart. Der Immobilienkonzern entstand erst 2020 bei einer Fusion des Berliner Konzerns Adler Real Estate und Consus Real Estate und einer luxemburgischen Firma ADO Properties. Der Konzern verwaltet rund 54.000 Immobilien.
Was ist passiert?
Die Geschichte um die Adler-Group begann im Herbst 2021. Schon damals hat Viceroy Research, das britische Analysehaus, dem Konzern Vorwürfe wegen Manipulationen bei der Projektbewertung, Bilanzierungstricks und Insidergeschäfte gemacht. Viceroy Research hat damals bereits zur Aufdeckung des Wirecard-Skandals beigetragen.
Die Adler Group weist alle Vorwürfe stets zurück.
Der Aktienkurs der Adler Group hat sich gleich nach den ersten Vorwürfen auf 12 EUR halbiert. Der Konzern engagierte im Herbst 2021 KPMG für eine Sonderprüfung. Am 22. April 2022 wurden die Ergebnisse bekannt gegeben. Seitdem stürzte der Aktienkurs auf 5 EUR ab.
Der Verlust liegt bei rund 80 Prozent seit Sommer 2021.
Aus dem Bericht des Fraser Perrings (Viceroy Research) kann man entnehmen, dass die Adler Group mithilfe von Scheingeschäften mit eigenen Tochterunternehmen die Immobilien viel höher bewertet hat. Dadurch konnte der Konzern durch das Ausgeben günstiger Unternehmensanleihen mit niedrigen Zinssätzen mehr Geld einnehmen.
Um eine Überschuldung zu vermeiden, wurden die Anleihen mit einer Klausel vermerkt. Demnach dürfen die Schulden des Unternehmens sich maximal auf 60 Prozent des Immobilienwertes des Adler Group-Portfolios belaufen. Laut Fraser Perring wurde der Wert durch die Scheingeschäfte auf 54,7 Prozent reduziert. Der echte Wert sollte allerdings zwischen 72 und 87 Prozent liegen.
Sonderprüfung, Testat
Bei der Sonderprüfung konnten die KPMG-Wirtschaftsprüfer keinen systematischen Betrug aufweisen. Es wurden lediglich nur ein paar Mängel bei der Geschäftsabwicklung festgestellt. Eine Woche später verweigerte KPMG dem Geschäftsbericht der Adler Group allerdings das Testat.
Demnach haben die Wirtschaftsprüfer nicht bestätigt, dass alle Angaben im Geschäftsbericht der Adler Group richtig sind. Begründet wurde die Entscheidung dadurch, dass der Konzern keinen Zugang zu manchen wichtigen Informationen gewährt hat.
Ist die Adler Group überschuldet?
Derzeit ist noch unklar, ob die Adler Group wirklich überschuldet ist. Mit Sicherheit kann man aber sagen, dass der Immobilienkonzern hohe Schulden hat. Aus dem Geschäftsbrief für 2021 wird ein Minus von 1,2 Milliarden EUR ersichtlich.
Adler Group hat einen Teil der Immobilien verkauft, um diese Schulden zu begleichen. Außerdem hat Adler von Vonovia Geld über Kredite und Beteiligung geliehen bekommen.
Finden bereits Ermittlungen statt?
Die Ermittlungen im Fall Adler Group hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bereits aufgenommen.
Parallele zu Wirecard
Die aktuelle Situation erinnert sehr stark an die Wirecard-Geschichte vor 2 Jahren. Fraser Perring hat schon vor 2 Jahren im Fall Wirecard die Vorwürfe über Unregelmäßigkeiten gemacht. Später hat EY dem Konzern Testat verweigert.
Folglich fiel der Aktienkurs der Wirecard auf 0, der Konzern war insolvent.
Laut den Anschuldigungen hat sich der ehemalige Manager Jan Marsalek an der Wirecard bereichert. Bei der Adler Group vermutet man, dass der Österreicher Cevdet Caner und eine Gruppe Investoren an den Fäden ziehen und sich die Gelder zugesteckt haben.
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